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Die Apotheke der Zukunft

Die Digitalisierung der Pharmazie fördert eine personalisierte Medizin

Allein in Deutschland gibt es derzeit knapp 19.000 Apotheken, in denen jährlich 700 Millionen Rezepte von Kund:innen eingereicht werden. Dies entspricht fast 58 % aller verkauften Packungen und macht etwa 83 % des Gesamtumsatzes aus. Der Rest geht auf verschreibungsfreie Arzneimittelkäufe zurück [1, 2].

Doch das Apothekenwesen steht vor großen Veränderungen. Die beiden wichtigsten sind dabei zweifellos die Einführung des E-Rezeptes und die Zunahme von innovativen Lieferdiensten für Medikamente [1].

Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten

Ursprünglich sollte der Wechsel von Papierform hin zum digitalen E-Rezept bereits Anfang 2022 in Deutschland erfolgen. Doch bisher sind nur einige Tausend E-Rezepte zu Testzwecken im Einsatz. Die flächendeckende Nutzung verzögert sich dagegen noch auf unbestimmte Zeit [1].

Mit dem E-Rezept würde der ganze Aushändigungsprozess von Medikamenten dann deutlich effektiver werden. Ärzt:innen verschreiben das Präparat in diesem Szenario digital, woraufhin Kund:innen das Medikament dann unmittelbar im Anschluss ordern könnten.

Für etliche Apotheken geht dieser Wandel mit erheblichen Herausforderungen einher. So besitzen viele derzeit noch kein automatisiertes Warenlager samt Verfügbarkeitsanzeigen. Um künftig effektiver, digitaler und letztlich konkurrenzfähiger sein zu können, ist diese Art System jedoch essenziell [1].

Mit einem solchen System kann das Apotheken-interne Lager dann rund um die Uhr, je nach Bedarf und ohne Eigenaufwand (also vollautomatisch) aufgefüllt werden. Zudem wäre für Mitarbeiter:innen und Kund:innen zu jedem Zeitpunkt einsehbar, welche Medikamente derzeit vorrätig sind [1].

Mithilfe eines 24-h-Abholautomatens besteht zudem die Möglichkeit, Medikamente durch eine Luke in der Apotheken-Außenwand vollautomatisch auszuhändigen. Entsprechende Apotheken können dann selbst außerhalb der Öffnungszeiten für Kunden erreichbar sein [3].

Zudem verfügen längst nicht alle Apotheken über moderne Liefersysteme. Wie in anderen Branchen auch, ist Schnelligkeit hierbei der kritische Punkt. Zumal es gerade bei Medikamenten einen großen Unterschied machen kann, ob das Präparat in Tagen, Stunden oder Minuten zustellbar ist [1].

Immerhin werden aktuell bereits etwa 300.000 bis 450.000 Lieferungen über Apotheken pro Tag abgewickelt. Mit breit eingesetzten digitalen Lösungen könnten diese Zahlen jedoch noch um einiges zunehmen [1].

Die Medikamente wären dann immer dort, wo Kund:innen sie brauchen. Für Apotheken ist die Anpassung auch deshalb so wichtig, weil die Konkurrenz durch Online-Händler rapide zunimmt [3]. 

Abbildung zu wichtigen Zahlen rund um Apotheken in Deutschland
Wichtige Zahlen zu Apotheken in Deutschland Quelle

Medikamente per Lieferdienst

Aktuell besteht hier zwischen Apotheke und Lieferdienst meist noch eine Partnerschaft, die vor allem den Handel mit rezeptfreien, also nicht verschreibungspflichtigen Präparaten umfasst [2, 3]. 

Kund:innen können über die App eines Anbieters dann direkt Medikamente aus einer Apotheke ordern. Je nach Anbieter können die Medikamente dann innerhalb von 30 Minuten von der Apotheke per Lieferdienst nach Hause gebracht werden. Oft sogar außerhalb der Öffnungszeiten [2, 3]. 

Jedoch ist die Lieferung von Arzneimitteln in Deutschland streng reglementiert. Entweder erfolgt dies im Sinne eines „Versandhandels” oder aber als sogenannter „Botendienst” [2].

Bei Ersterem ist eine sogenannte „Versanderlaubnis” erforderlich, worüber derzeit lediglich 3.000 der knapp 19.000 Apotheken verfügen. Dabei muss von den Apotheken unter anderem sichergestellt werden, dass die Kund:innen – per Telefon oder über die Plattform – ausreichend über die entsprechende Arznei aufgeklärt werden [2]. 

Apotheken, die über keine Versanderlaubnis verfügen, haben bei zunehmendem Lieferbedarf also bereits einen echten Wettbewerbsnachteil.

Rechtlich ist dabei vieles umstritten. Kommt bei der Lieferung zum Beispiel externes Lieferdienst-Personal zum Einsatz, was bei vielen Anbietern gängige Praxis ist, sei dies laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) „apothekenrechtlich unzulässig" [2].

Bei der anderen rechtlichen Kategorie – den sogenannten Botendiensten – dürfen die Medikamente dagegen nur von Apothekenpersonal überbracht werden, wodurch die erforderliche Beratung zu Anwendung und Nebenwirkungen garantiert werden soll. In Deutschland sind dies immerhin 300.000 Botendienste pro Tag [2]. 

Anbieter und Angebote im Überblick

Fakt ist, beide Wege werden derzeit beschritten. Während manche Startups wie „Mayd” und „First A” also mit Apotheken zusammenarbeiten, die über eine Versanderlaubnis verfügen, legen andere Anbieter wie „Kurando” ihre Lieferungen aus kooperierenden Apotheken als Botendienste aus [2]. 

Darüber hinaus gibt es auch noch Konkurrenz durch sogenannte Versandapotheken wie „Shop Apotheke” und „DocMorris”, welches die strengen deutschen Versandvorschriften umgehen kann, indem es die Lieferung aus den Niederlanden durchführt. Zudem dringen auch Tech-Giganten wie Amazon zunehmend auf den Markt und gewinnen künftig weiter an Relevanz [2].

Die Aussicht aufs E-Rezept könnte den Marktanteil digitaler Anbieter (und damit den Einfluss auf Apotheken) dann noch deutlich ausweiten. Denn mit einer komplett digitalen Rezeptübergabe könnten auch verschreibungspflichtige Medikamente leichter per Lieferdienst ausgehändigt werden [2].

Schließlich war es bisher für Patient:innen noch erforderlich, das Rezept selbst in die Apotheke zu tragen (oder per Post an einen Apothekenversand zu schicken). Und wer eh schon in der Apotheke war, der brauchte dann auch keinen Lieferdienst mehr [2].

Mit der digitalen Abwicklung wäre die Situation dann also grundverschieden. Kein Fußweg wäre mehr erforderlich und eine Lieferung plötzlich ungemein attraktiv. Voraussetzung bliebe natürlich weiterhin, dass Patient:innen zuvor ausreichend über das Präparat aufgeklärt worden sind – ganz egal ob verschreibungspflichtig oder nicht [2].

Ausblick auf die Zukunft der Apotheken

Es bleibt also die Frage, wie die Apotheken mit den wachsenden digitalen Anforderungen zurechtkommen und wie sie die Hürden dabei am besten meistern können.

Apotheken werden künftig digitaler

Ein gutes Stimmungsbild erbrachte hierbei die „aposcope-Studie” aus 2021. Darin wurden Hunderte Apotheker:innen befragt, wie sie die aktuelle Lage samt digitalen Anforderungen einschätzen. Demnach stand das Apothekenpersonal der Digitalisierung zwar in 81 % der Fälle aufgeschlossen gegenüber und betrachtete sie mehrheitlich (67 %) als Chance [4].

Trotzdem sahen 8 von 10 Befragten noch Nachholbedarf bei der Digitalisierung ihrer Apotheken. 67 % bezweifelten dabei die eigene Digitalkompetenz. 82 % gaben an, mehr digitale Fähigkeiten und Wissen zu benötigen [4].

Auch die Studie „Apotheken der Zukunft“ des Trendforschungsinstituts „2b AHEAD Think Tank” lieferte interessante Gesichtspunkte [5, 6].

So wurde von den Studienautoren betont, dass das Daten-Management auch für Apotheken immer höheren Stellenwert bekommt. Daher wird die Medikamentenversorgung durch Apotheken künftig dicht an die Datenanalyse bezüglich Angebot, Nachfrage, Kommunikation und Abwicklung gekoppelt sein [5, 6].

Zwar bleiben Apotheken klassisch lokal sichtbar. Trotzdem verstärken sie künftig zusätzlich ihre digitale Sichtbarkeit. Dies ist insbesondere der Fall, je öfter „digitale Medien und Assistenzsysteme der Ausgangspunkt für Kundenkommunikation sind”. Denn wer eh online bestellt, der wird auf die lokale Apotheke vielleicht gar nicht mehr aufmerksam [5, 6].

Die Leistung von Apotheker:innen wird durch die Digitalisierung zudem vergleichbarer werden. Wer das Kundenvertrauen langfristig behalten will, kann dies bei steigender Konkurrenz und digitaler Transparenz daher am besten durch hohe Qualität gewährleisten [5, 6].

Da das medizinische Wissen weiterhin exponentiell wachsen wird, werden auch Apotheker:innen ihr Wissen kontinuierlich ausbauen sowie sich auf digitalem Wege enger mit Ärzt:innen und anderen Gesundheitsanbietern vernetzen [5, 6].

Experten gehen aktuell davon aus, dass die Zahl der Apotheken in den nächsten fünf Jahren zurückgehen wird. Ausmaß und Umfang hängen vor allem davon ab, wie gut sich die Apotheker:innen an die neuen Gegebenheiten anpassen und digitale Lösungen in ihren Alltag integrieren. Ein kurzes Experiment werden die digitalen Neuerungen vermutlich nicht bleiben [5, 6].

Worauf es für Apotheken jetzt ankommt

In der „Apotheken der Zukunft“-Studie wurde auch beleuchtet, welche konkreten Maßnahmen Apotheker:innen verinnerlichen können, um sich optimal auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten [5, 6].

Beim Kunden digital präsent zu sein wird unverzichtbar – am besten auf allen Kanälen. Das beinhaltet Smartphone-Apps, die Präsenz in Online-Portalen sowie ein eigenes digitales Informationsangebot [5, 6].

Die IT-Systeme der Apotheke werden bei den Ausgaben zunehmend Gewicht bekommen. Die so erlangten Gesundheitsdaten können dadurch langfristig zu einer perfekt auf die Kunden:innen zugeschnittenen Versorgung beitragen [5, 6].

Apotheker:innen werden Netzwerke mit anderen Playern im Gesundheitssystem bilden und sich innerhalb ihres Netzwerkes spezialisieren. So wird einerseits die medizinische Versorgung verbessert und andererseits erlangen Apotheken so mehr Sicherheit als Teil eines größeren Verbundes [5, 6].

Die Apotheke der Zukunft

Worauf Kund:innen sich freuen können

Für Kund:innen führt die Kombination aus neuen digitalen Möglichkeiten und zunehmender Online-Konkurrenz dagegen zu einer absoluten Komfortsituation. Denn einerseits wird die Versorgung durch die Digitalisierung effizienter und personalisierter – also noch präziser auf jede einzelne Person zugeschnitten. Und andererseits werden lokale Apotheken noch mehr auf gute Kundenbetreuung setzen, um sich von der Online-Konkurrenz abzuheben [5, 6].

Der Digitalisierungsaspekt bedeutet zum Beispiel, dass Kund:innen fortan individuelle Empfehlungen anstatt eines allgemeinen „One-Size-Fits-All"-Ratschlages kriegen. Denn wenn Gesundheitsdaten der Kund:innen digital gespeichert werden, können potenzielle Gesundheitsrisiken wie Allergien oder Unverträglichkeiten dank automatischer Reminder seltener übersehen werden. Dies trägt zu einer personalisierten Medizin bei und kann sich ausgesprochen positiv auf die persönliche Gesundheit auswirken [5, 6].

Und außerdem kann gerade wegen der zunehmenden Digitalisierung künftig auf einen noch persönlicheren Austausch zwischen Apotheker:innen und Kund:innen gehofft werden. Denn umso mehr Abläufe automatisiert sind, desto mehr Zeit bleibt am Ende für den wohl wichtigsten Bestandteil der Kundenbetreuung: die zwischenmenschliche Interaktion [5, 6]. 

So können Kund:innen schneller die für sie beste Medizin erhalten und dabei weiterhin ganzheitlich im Fokus bei der Behandlung bleiben. 

Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.

Ursprünglich veröffentlicht am

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